Whistleblower Gesetz

Seit Juli 2022 steht es fest: Das neue Hinweisgeberschutzgesetz wird dieses Jahr in Kraft treten und betroffene Unternehmen dazu verpflichten, Whistleblowing in einem geschützten Rahmen zu ermöglichen. Zurecht stellen sich viele Unternehmen die Frage, welche Vorbereitungen sie schon jetzt treffen können, um die gesetzlichen Vorgaben fristgerecht und wirksam zu erfüllen.

In diesem Artikel erfahren Sie, wie der aktuelle Stand in Deutschland aussieht, welche Pflichten auf Sie zukommen und wie Sie organisatorische Maßnahmen gekonnt umsetzen.

Sie benötigen rechtliche Unterstützung? Unser Team besteht aus mehr als 90 Datenschutzexperten, die Sie gerne umfassend zum Thema beraten. Nehmen Sie jederzeit Kontakt zu uns auf.

Vorbereitung auf das neue Hinweisgeberschutzgesetz
Am 16. Dezember 2019 ist die EU-Whistleblower-Richtlinie in Kraft getreten. Mit dieser Richtlinie möchte die Europäische Union den Schutz von Hinweisgebern (sog. Whistleblowern) stärken. Zugleich schützen die neuen Regelungen auch die zahlreichen Unternehmen, die vor einem öffentlichen Skandal über Missstände im Unternehmen informiert werden und frühzeitig reagieren können.

Die Mitgliedsstaaten der EU hatten bis zum 17. Dezember 2021 Zeit, um die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland wurde die Richtlinie allerdings bislang noch nicht umgesetzt.

So sieht der aktuelle Stand zum Thema Whistleblowing in Deutschland aus:

Die Ampelkoalition hat erste Schritte eingeleitet, um die europäischen Vorgaben auf nationaler Ebene umzusetzen.
Das Bundesministerium der Justiz hat am 13. April 2022 einen Referentenentwurf zum neuen Hinweisgeberschutzgesetz veröffentlicht.
Darauf folgte am 27. Juli 2022 der Gesetzentwurf der Bundesregierung, der vom Bundeskabinett beschlossen wurde.
Es ist zu erwarten, dass das neue Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) in Kürze verkündet wird.
Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf zum HinSchG
Mit dem neuen Gesetzentwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz will der Bund seiner Pflicht nachkommen, geltendes EU-Recht in nationales Recht umzusetzen. Aus diesem Grund enthält der Gesetzentwurf die grundlegenden Rechte und Pflichten aus der Whistleblower-Richtlinie, aber auch einige Ergänzungen und Erweiterungen, die speziell auf das deutsche Rechtssystem zugeschnitten sind.

Im Mittelpunkt steht die Pflicht zur Einrichtung einer Meldestelle zum Schutz für Hinweisgeber. Daneben ist im neuen Gesetzentwurf vorgesehen, dass das Bundeskartellamt als zuständige externe Meldestelle für wichtige Hinweise auf nationale Verstöße gegen das Kartellrecht fungiert.

Darüber hinaus muss das Hinweisgebersystem von Unternehmen und öffentlichen Stellen nicht zwingend anonyme Meldungen ermöglichen. Werden anonyme Meldungen hingegen freiwillig akzeptiert, sollen nicht anonyme Meldungen vorrangig bearbeitet werden. Der personalisierten Meldung von Verstößen wird somit Vorrang eingeräumt.

Jetzt Hinweisgebersystem einrichten
Das HinSchG soll unter anderem für sichere und einheitliche Regelungen im Rahmen einer Meldung von Hinweisen auf Compliance-Verstöße sorgen. Hinweisgeber sollen besser geschützt sein und Meldungen einfacher und sicherer erfolgen. Um das zu gewährleisten, müssen juristische Personen des privaten und öffentlichen Sektors reagieren und entsprechende Maßnahmen, wie das Einrichten einer internen Meldestelle, ergreifen.

HIER ERFAHREN SIE MEHR

Whistleblowing-Gesetz: Wer ist betroffen?
Das neue HinSchG verpflichtet Unternehmen und öffentliche Stellen mit 50+ Beschäftigten dazu, interne Meldestellen für Whistleblower einzurichten. Darunter fallen nicht nur mittelständische und große Unternehmen aus der freien Wirtschaft, sondern auch Gebietskörperschaften wie Landkreise, Gemeinden und kreisfreie Städte sowie öffentliche Einrichtungen wie Anstalten, Stiftungen und Behörden.

Bundesregierung plant das Inkrafttreten des neuen HinSchG noch in diesem Jahr. Das bedeutet für betroffene Unternehmen, dass schnelles Handeln geboten ist. Aufgrund der verzögerten Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie in Deutschland bleibt nicht viel Zeit, um die Vorgaben umzusetzen:

Unternehmen, die mindestens 250 Personen beschäftigen, müssen unverzüglich handeln.
Kleineren Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten wird eine Übergangsfrist bis zum 17. Dezember 2023 eingeräumt (§ 42 HinSchG-E).
Vorbereitung: Hinweisgebersystem einrichten
Um Sanktionen im 6-stelligen Bereich zu vermeiden, können Sie schon jetzt mit Vorbereitungen beginnen und ein Meldeverfahren in Ihrem Unternehmen integrieren. Der Vorteil einer frühzeitigen Umsetzung der Vorgaben liegt auch darin, dass Ihre Beschäftigten sich auf die neue Situation einstellen können, noch bevor das Gesetz in Kraft tritt.

Zunächst gilt es herauszufinden, welche Meldekanäle für Ihr Unternehmen geeignet sind. Zur Verfügung stehen Meldekanäle per Telefon oder E-Mail sowie digitale Hinweisgebersysteme, die Sie umfassend zur Umsetzung des neuen HinSchG nutzen können.

Telefonischer Meldekanal
Am einfachsten erscheint ein telefonischer Meldekanal, ist er doch schnell eingerichtet und ressourcenfreundlich. Wenn Sie sich für eine telefonische Hinweis-Hotline entscheiden, müssen Sie diese allerdings regelmäßig mit Personal besetzen, das über das erforderliche Know-how verfügt.

Wählen Sie hierfür etwa Beschäftigte aus Ihrem Unternehmen, steigern Sie das Risiko, dass die hinweisgebende Person an der Stimme oder der Art zu sprechen erkannt wird. In diesem Fall nehmen Sie Abstriche bei der Vertraulichkeit in Kauf.

Außerdem kann es schwierig sein, bei Telefonanrufen ausführliche Dokumentationen zu erstellen – wozu Sie jedoch verpflichtet sind. Eine weitere Folge sind Beweisschwierigkeiten in einem drohenden Rechtsstreit.

Meldestelle per E-Mail
Eine Meldestelle per E-Mail ermöglicht es Ihnen, unkompliziert und schnell für hinweisgebende Personen erreichbar zu sein. Im Gegensatz zur Telefon-Hotline muss diese Stelle nicht durchgehend besetzt sein.

Das geschulte Personal muss die eintreffenden E-Mails jedoch zügig bearbeiten, um die im Gesetz vorgesehenen Fristen einzuhalten. Zur Bearbeitung von Meldungen sieht das HinSchG eine Vielzahl von zwingenden Maßnahmen vor. Den Überblick zu behalten, kann bei dieser Variante eine Herausforderung darstellen.

Darüber hinaus können die wenigsten Unternehmen sicherstellen, dass Ihr E-Mail-Verkehr ausreichend verschlüsselt und DSGVO-konform ist.

Digitales Hinweisgebersystem
Mithilfe eines digitalen Hinweisgebersystems bewegen Sie sich auf der sicheren Seite: Hinweisgebende Personen können das Personal auch hier sowohl per Telefon als auch per E-Mail erreichen.

Darüber hinaus kann das Personal über die Chatfunktion Eingangsbestätigungen versenden und Rückfragen stellen. Auch das Fristenmanagement ist mit einem digitalen System deutlich einfacher zu bewältigen. So können Ihre Compliance-Teams durch tägliche Anwendung ihr Fachwissen gezielt aufbauen und erweitern.

Hinweise auf die Identität der hinweisgebenden Person bleiben automatisch verborgen, auch anonyme Hinweise sind somit möglich. Ebenso automatisch werden Dokumentationen erstellt und verwahrt, die Sie zu Beweiszwecken nutzen können. Zudem profitieren Sie von einer Kommunikation mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und der sicheren Aufbewahrung Ihrer Dokumente und Daten.

Diese Sanktionen drohen bei Missachtung der Whistleblowing-Vorgaben
Wer gegen die wesentlichen Vorgaben im HinSchG verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. In diesem Fall müssen Sie je nach Verstoß mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 Euro rechnen (§ 40 Abs. 6 HinSchG-E).

Die Sanktionen richten sich insbesondere an Unternehmen, die

kein Hinweisgebersystem einrichten und damit die Entgegennahme von Meldungen behindern,
die betroffene Person mit Repressalien sanktionieren oder
die Identität der meldenden Person preisgeben und damit Mobbing und andere Gefährdungen ermöglichen.
Bei einigen Handlungen ist für eine Sanktionierung bereits Fahrlässigkeit ausreichend, es muss nicht vorsätzlich gehandelt worden sein. Das Gesetz sieht grundsätzlich auch die Ahndung von Versuchshandlungen vor.

Dies geht allerdings in beide Richtungen: Mit Geldbuße von bis zu 20.000 Euro muss rechnen, wer wissentlich falsche Hinweise abgibt und damit eine Situation hervorruft, die für das betroffene Unternehmen zu einem Reputationsschaden führen kann.

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert